Der hässliche Deutsche ist wieder da
Scheußliche Klamotten, komischer Dialekt, Hilfssheriff: Wenn er je weg war, dann ist er nun zurück: der hässliche Deutsche. Ein Kommentar.
In die „heute-show“ des ZDF hätte er prima gepasst mit seinem Anglerhütchen in den deutschen Nationalfarben, mit seiner ärmellosen Funktionsjacke, die sich beim Schließen hoffentlich über den Bauch zwängen lässt. Dann trägt er ein Hemd, dessen Farbspektrum jede Geschmacksgrenze sprengt. Er herrscht das ZDF-Drehteam an „Sie haben misch ins Gesischt gefilmd“, offenbar stammt er aus Sachsen. Die Polizei sieht er als erstbesten Freund und engen Verbündeten, jedenfalls bringt er die Uniformierten dazu, den Dreh zu unterbrechen.
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Alles Fake, der Hutbürger gecastet als Wutbürger, eine überspitzte Karikatur, damit sich das „heute-show“-Publikum vor Lachen biegen kann, wie doof kann rechts sein? Nein, die Satireshow wurde von der Wirklichkeit rechts überholt. Der Bürger ist Tarifbeschäftigter des Landeskriminalamtes in Sachsen (LKA), gefilmt wurde er beim Aufmarsch zur Pegida-Demonstration in Dresden, die Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigen wollte, wo in Sachsen der Hammer hängt.
Eine große Figur im Netz
Der Pegidist zählt aktuell zu den bekanntesten Deutschen, die Medien und die sozialen Netzwerke quellen über von Berichten über seine Person und sein Handeln. Und er wird assoziiert mit einem Begriff: „der hässliche Deutsche“.
Ist er wieder da, der Geisterfahrer mit deutschem Kennzeichen, den im Ausland keiner leiden kann und der im Inland immer der andere, aber niemals man selber sein soll?
Das Bild vom „hässlichen Deutschen“ ist großformatig, weil es zahlreiche Facetten hat: Überschuss in der Leistungsbilanz, also Wohlstand auf Kosten der Handelspartner, unverschämt niedrige Militärausgaben, kaltschnäuziger Zuchtmeister bei der Griechenlandhilfe, nicht zu stoppende Moral-Mission, wie sich die Welt zu drehen hat.
Gut, bei den Flüchtlingen wurden die Arme ausgebreitet, jetzt aber toben sich die Islamophoben aus. Antisemiten, Russland-Hätschler, Trump-Verächter, ÖkoWahnsinnige – bei 80 Millionen Einwohnern findet sich jede Art und Unart von deutschem Wesen. Und die Liebe zum Deutschen gibt es immer nur auf Zeit. Bei der Fußball-WM 2006 wurde ein „Sommermärchen“ auf Deutsch erzählt, die hinterhältigen Handtuch-Leger wurden weniger, gleichfalls die weißen Socken und die Bierbäuche.
"Der hässliche Deutsche" und "Der gute Deutsche"
Der Pegidist in Dresden zeigt den Irrtum an. „Der hässliche Deutsche“ war nie wirklich weg, er war nur in den Hintergrund getreten oder gerückt worden. Er ist die andere Seite der Deutschland-Medaille, wo Liberalität, Toleranz und Weltoffenheit zur Prägung gebracht wurden.
„Der hässliche Deutsche“ ist deutscher Normalfall wie „der gute Deutsche“. Es muss nicht bezweifelt werden, dass der sächsische Pegidist mit seinem Deutschsein im Reinen ist. Genauso wenig, dass er die anderen Deutschen erschreckt, zugleich er nur die aktualisierte Erinnerung seiner (verdrängten) Existenz ist. Zur fortgeschrittenen Ethnologie des Inlands gehört das Bewusstsein für Pegida-Deutsche. Da sollte sich keiner täuschen, er ist wieder da, nicht AH, sondern der Deutsche, der anders denkende und handelnde Deutsche in gleicher Weise hasst wie Migranten, Muslime, Merkel. Hass ist ein Lebenselixier aus Deutschland.
Deutsche neigen zur Ausbürgerung
Da treffen sich „der hässliche Deutsche“ und „der gute Deutsche“. Beide sind sie Deutschenverächter und stets bestrebt, den jeweils anderen Deutschen auszubürgern, wenn nicht mit Teufelsaustreibung auf den rechten/linken/mittleren Glaubensweg zurückzubringen. Sicher ist: Nur der steht für eine willkommene, fortschrittliche, angemessene Integrationsleistung, der das Andere im Anderen erkennen und verstehen will. Akzeptieren muss er es nicht.
Keiner ist als Pegidist auf die Welt gekommen, da geht noch mehr im Leben. Bestimmt mehr, als das Wuthütchen quasi als Individual-Monstranz in die Fernsehkamera zu halten. „Der hässliche Deutsche“ ist hässlich zu anderen und hässlich zu sich selbst. Und er wird sich noch darüber empören, dass ihn so wenige leiden können. Im Ausland, im Inland, in Sachsen.
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